Mai 2003:
Umsetzung der Richtlinie über den Schutz von zugangskontrollierten
Diensten und von Zugangskontrolldiensten in deutsches Recht
April 2003:
Les risques pénaux pour
les organisateurs et les utilisateurs de casinos virtuels
März
2003:
Die strafrechtlichen Risiken für
Anbieter und Nutzer bei Online-Casinos
Januar 2003:
Verantwortlichkeit der Diensteanbieter
im Internet nach der Umsetzung der E-Commerce-Richtlinie in
Deutschland
Oktober
2002:
Vertragsschluss im Internet nach
der Schuldrechtsmodernisierung in Deutschland
September
2002:
Rechtliche Situation in Deutschland
bezüglich des Schutzes von Kundendaten im elektronischen Geschäftsverkehr
August 2002:
Rechtslage in Deutschland bezüglich
der Verwendung von Gattungsbegriffen als Domain-Namen
Juni 2002:
Internet-Auktion: Zustandekommen
und Wirksamkeit eines Kaufvertrages
März
2002:
Rechtliche Situation in Deutschland
bezüglich der E-Mail-Kommunikation des Arbeitnehmers
November
2001:
Le courriel au travail
Die E-mail-Nutzung durch Arbeitnehmer
Oktober
2001:
La signature électronique
Die
digitale Signatur
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Die
Umsetzung der Richtlinie über den Schutz von zugangskontrollierten
Diensten und von Zugangskontrolldiensten in deutsches Recht
zugangskontrollierter
Dienst / Zugangskontrolldienst / Zugangskontrolldiensteschutzgesetz
Das
ZKDSG lässt keine EG-rechtswidrigen Bestimmungen erkennen. Für
prozessrechtliche Regelungen und zivilrechtliche Ansprüche genügen
die bereits vorhandenen allgemeinen Rechtsinstitute. Eine wichtige
Lücke hat das Gesetz für gewerbliche Handlungen geschlossen
und schöpft die sanktionsrechtlichen Möglichkeiten insoweit
mit einer strafrechtlichen Neuregelung weitgehend aus. Regelungslücken,
die auftreten können, wenn jemand nur zu privaten Zwecken handelt,
nimmt der Gesetzgeber dagegen bewusst in Kauf.
Der Europäische
Gesetzgeber hat am 20. November 1998 die Richtlinie
98/84/EG über den rechtlichen Schutz von zugangskontrollierten
Diensten und von Zugangskontrolldiensten
(ZKD-RL) verabschiedet, die am 28. November in Kraft getreten
ist (ABl. L 320 v. 28.11.98, S. 54). Sie steht im Zusammenhang
mit der Praxis der Diensteanbieter, ihre online angebotenen
Inhalte mit technischen Zugangskontrollen zu versehen, um auf
diese Weise eine Vergütung hierfür sicherzustellen, z.B. durch
die Verschlüsselung von Fernsehangeboten (Pay-TV). Die Wahrnehmung
des Vergütungsinteresses ist durch den Handel mit Vorrichtungen
gefährdet, die dazu bestimmt sind, die Zugangskontrollen zu
umgehen (z.B. "Schwarzfernsehen"). An dieser Stelle soll der
rechtliche Schutz einsetzten, für den die ZKD-RL einen Rechtsrahmen
geschaffen hat. Sie harmonisiert Maßnahmen gegen den kommerziellen
Handel mit "illegalen Vorrichtungen", wobei nicht der Schutz
der Zugangskontrolle im Vordergrund steht, sondern die Sicherstellung
der Vergütung. Der Richtliniengeber hat sich hierbei von der
Erwägung leiten lassen, dass die Informationsfreiheit des Einzelnen,
die eingeschränkt wird, dauerhaft nur gewährleistet werden kann,
wenn die Rentabilität der Dienste gewährleistet ist.
Die
ZKD-RL sollte an sich bis zum 28. Mai 2000 ins nationale Recht
umgesetzt sein. In Deutschland hat die Umsetzung lange auf sich
warten lassen. Erst am 19. März 2002 verabschiedete der Gesetzgeber
das sog. Zugangskontrolldiensteschutzgesetz
(ZKDSG), das am 23. März 2002 in Kraft getreten ist (BGBl.
I, S. 1090).
I. Europarechtliche Vorgaben
Art. 3 ZKD-RL verpflichtet die Mitgliedstaaten, die erforderlichen
Maßnahmen zu treffen, um die umgehungsfördernden Handlungen
zu untersagen (1.) und Sanktionen und Rechtsbehelfe gemäß Art.
5 ZKD-RL vorzusehen (2.).
1. Untersagung umgehungsfördernder Maßnahmen
Gemäß Art. 4 ZKD-RL sind nahezu alle Handlungen zu kommerziellen
Zwecken hinsichtlich illegaler Vorrichtungen zu untersagen,
angefangen von der Herstellung über die Verbreitung bis hin
zur Vermarktung. Von den verbotenen Handlungen ausgenommen sind
der Umgehungsakt selbst und der private Besitz. Der Richtliniengeber
hat die Entscheidung, ob der private Besitz verboten wird, den
Mitgliedstaaten vorbehalten. Das Verbot der Handlungen dient
dem Schutz von Rundfunkdiensten und von Diensten der Informationsgesellschaft
i. S. d. Richtlinie
98/48/EG vom 20. Juli 1998 zur Änderung der Richtlinie 98/34/EG
über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und
technischen Verfahren (ABl. L 217 v. 5.8.1998, S. 18),
sofern sie gegen Entgelt erbracht werden und zugangskontrolliert
sind sowie von Zugangskontrollen, soweit sie als eigenständiger
Dienst anzusehen sind ("geschützte Dienste").
2. Sanktionen und Rechtsbehelfe
Die Sanktionen müssen gem. Art. 5 Abs. 1 ZKD-RL "wirksam, abschreckend
und angemessen sein"; dies verlangt aber keine strafrechtlichen
Sanktionen (Erwägungsgrund 23 S. 2). Als Rechtsbehelfe nennt
die Richtlinie insbesondere Klagen auf Schadensersatz, die einstweilige
Verfügung, sonstige Präventivmaßnahmen und gegebenenfalls den
Antrag auf Herausnahme der Vorrichtungen aus dem gewerblichen
Verkehr.
II. Umsetzung in das deutsche Recht
1. Begriffsbestimmungen
Begrifflich weicht das ZKDSG teilweise von der ZKD-RL ab. Statt
der "illegalen Vorrichtung" hat der deutsche Gesetzgeber den
Begriff "Umgehungsvorrichtung" gewählt. Dies ist zu begrüßen,
da dieser Begriff angesichts der straf- und bußgeldrechtlichen
Folgen einem juristischen Laien verständlicher ist. Ferner unterscheidet
der Gesetzgeber bei den geschützten Diensten zwischen den "zugangskontrollierten
Diensten" und den "Zugangskontrolldiensten". Bei den zugangskontrollierten
Dienste war es erforderlich, diese in die deutsche Rechtssprache
zu übertragen. In einem Aufzählungskatalog wird anstelle des
"Rundfunkdienstes" auf die Rundfunkdarbietungen i. S. d. Rundfunkstaatsvertrages
(RStV) und anstelle der "Dienste der Informationsgesellschaft"
auf die medienrechtlichen Kategorien "Teledienst" i.S.d. Teledienstegesetzes
(TDG) sowie "Mediendienst" i.S.d. Mediendienstestaatsvertrages
(MDStV) verwiesen.
2. Zweck des Gesetzes
Auf den ersten Blick verwundert, dass das Gesetz den Schutz
der "Zugangskontrolldienste" gegen unerlaubte Eingriffe bezwecken
soll, und zugangskontrollierte Dienste nicht erwähnt werden.
Aus den Motiven lässt sich jedoch schließen, dass unter den
Zugangskontrolldiensten der Einsatz von Zugangskontrollvorrichtungen
zu verstehen ist, die in der ZKD-RL legaldefiniert sind. Bezweckt
ist somit der Schutz des Einsatzes von Zugangskontrollvorrichtungen
und das damit wahrgenommene Vergütungsinteresse; dies wiederum
deckt sich mit der Absicht des Richtliniengebers. Nur indirekt
werden die zugangskontrollierten Inhalte selbst geschützt.
Erwähnenswert scheint auch, dass der Gesetzgeber keine hohen
Anforderungen an die Qualität der Zugangskontrollvorrichtung
stellt. Diese muss nicht dem Stand der Technik und Wissenschaft
entsprechen, der Unrechtsgehalt ist auch dann verwirklicht,
wenn sich die Vorrichtung leicht überwinden lässt.
3. Verbot und Sanktionen
Um die Vorgaben aus Art. 3 ZKD-RL zu erfüllen, hat der deutsche
Gesetzgeber zunächst die verbotenen Handlungen in ein nahezu
wortgleich formuliertes Verbot umgesetzt (§
3 ZKDSG).
Für
Sanktionen hat er einen Umsetzungsbedarf bejaht. Nach alter
Rechtslage konnte die Umgehung gem. §
265a Srafgesetzbuch (Erschleichen von Leistung) und §
202a Srafgesetzbuch (Ausspähen von Daten) verfolgt werden.
Dem Unrechtsgehalt gewerbsmäßiger Umgehungshandlungen und den
Vorbereitungshandlungen wurde dadurch nach Ansicht des Gesetzgebers
nicht genügend Rechnung getragen. Diese Lücke hat der Gesetzgeber
damit geschlossen, dass er eine neue Bußgeldvorschrift und eine
neue Strafvorschrift eingeführt hat. Hierbei hat er die Sanktionen
nach Gefährlichkeit abgestuft: Strafbewehrt sind nach
§ 4
ZKDSG nur das Herstellen, die Einfuhr und die Verbreitung
von Umgehungsvorrichtungen. Gegenstände, auf die sich die Straftat
bezieht, können nach §
6 ZKDSG im Strafverfahren eingezogen werden. Nur ordnungswidrig
handelt hingegen, wer eine Umgehungsvorrichtung besitzt, technisch
einrichtet, wartet oder austauscht; dieses kann mit einem Bußgeld
bis zu 50.000 Euro belegt werden. Auffällig ist, dass die Absatzförderung
in keiner der Sanktionsvorschriften erwähnt wird. Der Gesetzgeber
hat ferner darauf verzichtet, nichtgewerbsmäßiges Handeln (z.B.
den Besitz zu privaten Zwecken) mitaufzunehmen. Er hielt den
strafrechtlichen Schutz nach geltendem Recht für ausreichend
(§
265a Strafgesetzbuch). Die Opposition konnte sich mit ihrem
Änderungsantrag, weitergehende Bestimmungen vorzusehen, nicht
durchsetzen.
Für
spezielle zivilrechtliche und prozessrechtliche Regelungen wurde
kein Umsetzungsbedarf gesehen. Die Bundesregierung beabsichtigte
zwar zunächst, einen selbständigen zivilrechtlichen Anspruch,
gerichtet auf Herausgabe des Gewinns, vorzusehen. Diese Vorschrift
wurde aber wegen der Bedenken des Bundesrates gestrichen. Als
Ansprüche kommen §
823 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), gerichtet
auf Schadensersatz (Verletzung eines "Schutzgesetzes") und -i.V.m.
§
1004 BGB analog - auf Unterlassung und Beseitigung in Betracht.
Bei Verhalten in einem Wettbewerbsverhältnis kann ein Anspruch
aus §
1 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) begründet
sein ("Behinderung").
III. Zusammenfassung
Das ZKDSG lässt keine EG-rechtswidrigen Bestimmungen erkennen.
Für prozessrechtliche Regelungen und zivilrechtliche Ansprüche
genügen die bereits vorhandenen allgemeinen Rechtsinstitute.
Eine wichtige Lücke hat das Gesetz für gewerbliche Handlungen
geschlossen und schöpft die sanktionsrechtlichen Möglichkeiten
insoweit mit einer strafrechtlichen Neuregelung weitgehend aus.
Regelungslücken, die auftreten können, wenn jemand nur zu privaten
Zwecken handelt, nimmt der Gesetzgeber dagegen bewusst in Kauf.
IV. Ausblick
Es zeichnet sich ab, dass die Rechtsstellung der Diensteanbieter
durch die Umsetzung des Art. 6 der Richtlinie
über bestimmte Aspekte des Urheberrechts und verwandter Schutzrechte
("wirksame technische Maßnahmen) weiter gestärkt wird. Technische
Kontrollvorrichtungen werden nicht mehr nur geschützt, soweit
sie einen Zugang gegen Zustimmung (Vergütung) ermöglichen, sondern
auch soweit sie die anschließende "urheberrechtsrelevante" Nutzung
unter Kontrolle halten, sofern der Diensteanbieter Rechtsinhaber
ist. Der Schutz reicht auch insofern weiter, als das Verbot
sich nicht auf Vorbereitungshandlungen beschränkt, sondern sich
auf den Umgehungsakt erstreckt. Eine Lücke wird der Gesetzgeber
aber aller Voraussicht nach nicht schließen: Erlaubt bleiben
soll der Besitz zu privaten Zwecken.
Frederike
Hänel
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